Freitag, 18. April 2008

Fußball vs. Countrymusik


Rezension

Gerd Dembowski
Fußball vs. Countrymusik
Essays, Satiren, Antifolk
Köln 2007 (Papyrossa)
156 S.






Der Autor war mir bisher vom Namen her als BAFF-Aktivist bekannt, von denen ich ja die beiden Bücher Ballbesitz ist Diebstahl und Die 100 "schönsten" Schikanen gegen Fußballfans sehr gut gefunden hab'. Bei der Ballesterer-Release-Party am Samstag hat er aus seinem Buch Fußball vs. Countrymusik gelesen bzw. es performt (den Text gelesen und die Songzitate gesungen). So was scheint sich jetzt bei mir zu häufen. Rein vom Titel her hätt' ich zu dem Buch wohl nicht gefunden, weil ich mein', Countrymusik?

Der hauptsächliche Zusammenhang zwischen Fußball und Country besteht darin, daß sie beide Dembowski interessieren, wobei "interessieren" den deutlich nahe gebrachten emotionalen Faktor nur höchst unzureichend beschreibt. Demowski erzählt persönliche Geschichten über seine Countrymusik, "Country als Spiegelbild für die Modernisierungsfaktoren, für das ständige Auf und Ab, für Entfremdung, für die Nische in dem Wissen, dass alle Nischen vergiftet sind, für die ständige Auseinandersetzung mit dem Widerspruch in einem selbst. Deshalb gilt es vor dem Hören, sich die Zweischneidigkeit von Country bewusst zu machen, offene Fragen zu stellen, wie es Brecht tat, ständig zu zersetzen und zu zerlegen, wie es Adorno forderte. Country werden - ohne sich zu ergeben." (S.63)

Nach der eindrucksvollen Lesung (mein Buch hat jetzt eine Gilles-Deleuze-Zitat-Widmung) hab' ich auch die Country-Teile des Buchs gelesen, mehr interessiert hat mich dann aber doch, wenn's um Fußball geht... Dembowski schreibt u.a. über seine Herzensvereine Brighton und St. Pauli, die er mit mit zwei Frauen verbindet, den unerträglichen Lothar Matthäus, seine Abneigung gegen Schalke 04, seine Liebe zu Maradona oder die "nationalen Krämpfe im neuen Design" der WM 2006 in Deutschland, "statt Propaganda und Ideologie heißt das im neuen Jahrtausend Nation Branding" - "Nationalaggressive Grundstimmungen gibt es zur WM 2006 genügend, Straftaten auch. Nur wollen sie sich partout nicht in den Medien wiederfinden" (S.108f.) Ich war ja damals des Nachmittags in Berlin auf der damaligen Fanmeile, als es eigentlich nett (bis auf die Preise) war, aber da hat auch Deutschland nicht gespielt. Auf den grausamen heimischen Nationalchauvinismus der in bälde bei uns herrschen wird, hab' ich jedenfalls auch gar keine Lust.

Hochamüsant ist Dembowski in seinem satirischen Essay Vom Scheitern des richtigen Lebens im falschen Fußball, seine Erlebnisse als Antirassismus-Redner am FIFA-Kongreß 2001.

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