Dienstag, 30. Juni 2015

When Saturday Comes, 340



Rezension

When Saturday Comes
The Half Decent Football Magazine
Issue 340, June 2015
46 S.







Die Londoner Lehrerin Rosa Aers beschreibt in einem Artikel, wie sie ihre Klasse, in der nur über die Premier League geredet wurde, zu einem Match ihres siebtklassigen Vereins mitnahm und diese vom Stadionerlebnis begeisterte. “Despite most of the children living relativeley close to the ground, none had been to a non-League match and most hadn't been to a Premier League game due to the prohibitive cost. So, we organised a trip: 40 primary school children to the glamour fixture that is Enfield Town v Witham Town.” Sorgen, wie sich die Kinder verhalten würden, waren gleich nach der Ankunft wie weggeblasen: “It was the chips and the Enfield Ultras' rhythmic drumming that naturally appealed to the ten-year-old's primal urges. Immediately intoxicated by the partisan chanting, they got fully behind the home team.”

Daneben gibt es hier auch noch etwas über die Unsitte zu lesen, englische Fußballstatistiken aufgrund des Marketingschmähs der Premier League erst mit 1992 beginnen zu lassen. Huw Richards wettert dagegen: “The ridiculousness of the artificial line was brought home by the death of Gary Speed. We were told endlessly of his achievement − and the number involved − in having at one time played more Premier League Matches, 535, than any other player. Yet Speed in fact played 614 top division matches, and the 79 left out of many accounts were among the most important, since they included his 41-game contribution to Leeds' Championship-winning season of 1991-92.”

Zu den Hintergründen der Tribünenbrands mit 56 Toten im Stadion von Bradford 1985 erschien ein Buch von Martin Fletcher, das hier von David Stubs rezensiert wird. In der Reihe über Fußballstädte ist diesmal Prag mit Texten über Viktoria Žižkov und Dukla Prag dran. Weiters gibt es in dieser Ausgabe auch Artikel über die Rivalität von Saint-Étienne und Olympique Lyonnais oder die Stadionproblematik von OFK Belgrad.

Montag, 29. Juni 2015

Lassee - Rapid 1:9 (0:2)

Testspiel, 28.6.2015
Hans-Waraschitz-Stadion, 1.940

Der 1925 gegründete SC Grün-Weiß Lassee feierte sein 90-jähriges Vereinsjubiläum mit einem Gastspiel der Rapid. Gegen den in der niederösterreichischen Gebietsliga Nord/Nordwest spielenden Gastgeber (bei meinem Besuch hier 2011 noch eine Liga darüber in der funftklassigen 2. Landesliga) spielte Rapid ein lockeres Match mit teils bemerkenswerten Toren. Es war nach dem Auftakt in Oberpullendorf am Mittwoch bereits das zweite Rapid-Vorbereitungsspiel an diesem Wochenende. Denn vor dem Spiel in Lassee am Sonntag hatte es am Samstag auch bereits ein Spiel gegeben, das aber aufgrund Besuchs in Brünn ohne mich stattfand.
Rapid war in Lassee groß vertreten: Die Veranstaltung wurde von Andy Marek moderiert und den Ehrenankick nahmen Alfred Körner und Michi Konsel vor. Vor dem Spiel wurden zwei Rapiddressen des letzten Derbysiegs zugunsten zweier behinderter Kinder versteigert.



































































Sonntag, 28. Juni 2015

Švanci Team - Los Hokejos 17:9

Rozlučka Petra Švancary (Abschiedsspiel von Petr Švancara), 27.6.2015
Stadion za Lužánkami, 35.000

Als ich das verfallene Stadion vor fünf Jahren besichtigte, hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass es einmal wiederauferstehen würde. Das Stadion wurde zwischen 1949 und 1953 gebaut und erreichte nach dem Bau der zweirangigen Haupttribüne in den 1960er Jahren eine Kapazität von 50.000 Plätzen, davon 6.500 Sitzplätze und 43.500 Stehplätze. Seine größte Zeit mit jeweils rund 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauern im Saisonschnitt erlebte das Stadion 1977/78, als hier Zbrojovka Brno tschechoslowakischer Meister wurde, sowie 1994/95 als die Mannschaft unter dem Namen Boby Brno Furore machte. 44.120 füllten 1996 das Stadion zum Spitzenspiel gegen Slavia. 1997 war Rapid im Europacup zu Gast (Impressionen hier und hier). 2001 wurde das Stadion geschlossen und verfiel seither zur Ruine.
Der Brünner Fußballer Petr Švancara hatte für ein Abschiedsspiel seiner Spielerkarriere eine große Idee: Die Wiederbelebung des seit eineinhalb Jahrzehnten leerstehenden, traditionsreichen Heimatstadions. Er sammelte Geld und Unterstützer und begann gemeinsam mit hunderten freiwilligen Helferinnen und Helfern das Mammutprojekt, das verfallene und von Sträuchern und Bäumen überwucherte Stadion spieltauglich zu machen und ein Match zu organisieren. Mit der großen Veranstaltung sollte gezeigt werden, dass der Brünner Fußball hierher und nicht ins ungeliebte Stadion na Srbské gehört. Es wurde zum Selbstläufer: Während die Erstligaspiele von Zbrojovka Brno dort vor nur wenigen tausend Zuschauerinnen und Zuschauern ausgetragen werden, war das Spiel hier Anfang Juni in zehn Tagen ausverkauft, wobei die Karten nur in Brünn verkauft wurden.
Viel mehr Menschen als die 23.000 verkauften Tribünenstehplätze und 2.000 VIP-Karten hergegeben haben, drängten ins Stadion. Die Ränge abseits der aus bautechnischen Gründen gesperrten Haupttribüne waren gesteckt voll, kein Platzerl und kein Stiegenaufgang frei. Die amtliche Schätzung lautet, dass 35.000 Menschen ihren Weg ins Stadion gefunden haben. 2.000 Leute sollen unverrichteter Dinge noch vor dem Stadion gestanden haben. Einige hundert drangen auf die gesperrte Haupttribüne vor. Aus dem oberen Rang wurden sie mit Durchsage von Petr Švancara, der sein Projekt in Gefahr sah, und darob verärgerten Sprechchören der übrigen Zuschauerinnen und Zuschauer nachdrücklich weggebeten. Im unteren Rang durften sie bleiben.
Zwei Teams aus ehemaligen Mitspielern von Petr Švancara, Freunden, tschechischen Prominenten und Eishockeyspielern lieferten sich am Feld ein torreiches Spiel. Es war aber angesichts von insgesamt 37 Spielern, die alle Švancaras Nummer 9 trugen, und sehr häufiger Wechsel schwer, die Übersicht zu bewahren. Die Hauptsache war hier aber ohnehin der Spaß an der Freude und die Werbung für Wiederbelebung und Neubau des Stadion za Lužánkami. Am Schluss spielte auch noch der junge Sohn Švancaras mit, der sogar ein Tor beisteuern durfte. Nach Torjubel mit ausgezogenem Dress erhielt er regelkonform die gelbe Karte. Petr Švancara wurde nach Schlusspfiff gefeiert, drehte gemäß seines Spitznamens „Mercedes“ auf einem Wagen dieser Marke eine Ehrenrunde und bedankte sich bei alle Beteiligten.
Auch für unkomplizierten Umgang mit Pyrotechnik wurde an diesem Nachmittag de facto geworben. Im Fanblock wurde eifrig gezündelt. Einen Spieler, der den Anstoß mit Fackel in der Hand ausführt, hatte ich bislang auch noch nicht gesehen. Die Brünner Ultras feierten Petr Švancara mit einer großen Choreographie, die in Überrollfahnen die Wappen von Boby Brno und Zbrojovka Brno sowie ein Abbild und die Jahreszahlen 1998 und 2015 von Anfang und Ende der Spielerkarriere Švancaras zeigte. Aufgrund der regelmäßigen Würfe nicht abgebrannter Fackeln über die Ränge hinweg in den Innenraum hatte die Feuerwehr mit dem Aufsammeln der pyrotechnischen Gegenstände Hochbetrieb. Nach der Choreo musste sie sogar mit Wagen und Mannschaften anrücken, da die danach auf der grasüberwachsenen Laufbahn liegenden Choreoteile Feuer gefangen hatten.
Ob aus dem ersehnten Stadionneubauprojekt jemals etwas werden wird, ist allerdings ungewiss. Die Stadt ist am Zug. Der Verein Zbrojovka Brno war jedenfalls auch an diesem Nachmittag auf Distanz zum Stadion za Lužánkami, war nicht vertreten und nahm stattdessen anderswo an einem Turnier teil.
In der Stadt Brünn wurde eine kleine Besichtigungstour unternommen.